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Eindrücke von der Junioren-WM in Presque Isle/USA
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08.02.2006

Eindrücke von der Junioren-WM in Presque Isle/USA

Autor: Luis Mahlknecht


Der erste Eindruck in Amerika könnte nicht besser sein. Freund-
lichkeit ist in Presque Isle Trumpf, und einem Besucher werden die
Wünsche geradezu abgelesen. Egal ob im Wettkampfbüro, im
Pressezentrum oder in den riesigen „Malls“ (Einkaufszentren) am
Rande der Stadt – ein herzlicher Gruß, ein liebes Willkom-
menswort und das unfehlbare „You welcome“ sind überall dabei.

*

Als Europäer tut man sich schwer, sich mit den Maßeinheiten der
Amerikaner anzufreunden. Hier wird noch alles in Fuß oder
Meilen gemessen, und selbst die Temperatur kommt einem ko-
misch vor. Am ersten Tag steht auf der Fahrt zum Schießstand bloß
ein + 34 Grad da, und erst nach einer Weile verstehen wir, dass hier
in Fahrenheit gemessen wird.

*

Das Biathlonstadion im Nordic Heritage Center ist unter vielen Gesichtspunkten bemerkenswert. Es ist zugegebenermaßen eine tolle Anlage, aber manche Dinge sind doch ziemlich komisch. So hat man - in einem Land, wo Platz kein Thema ist - den Schießstand gerade auf den höchsten Punkt eines Hügels hingebaut. Dort bläst der Wind unablässig durch und erschwert jedes Schießen. Die ursprüngliche Meinung über zu leichte Strecken mussten die Trainer alsbald revidieren. Noch ein Kuriosum gibt es in Presque Isle: Die Strafrunde geht um das Funktionsgebäude. Das ist wohl einmalig in der Biathlonwelt.

*

Von Anfang an dabei ist eine vierköpfige Delegation aus Martell. Die Vinschger um Georg Altstätter sehen sich vor Ort um und beraten, was sie im Hinblick auf die eigene Junioren-WM im nächsten Jahr machen müssen. Viel Erfolg hatten Altstätter und Co. bei der Verteilung von Kaugummis an die Athleten anlässlich des Sportlerabends. Busfahrer Jim fragt sich aber immer noch: "Was ist denn Martell für ein Land? Wo liegt es?"

*

Zum absoluten Pechvogel der ersten Wettkampftage muss man wohl die schlacksige Norwegerin Julie Bonnevie-Svendsen ernennen. Zum Teil selbst verschuldet, zum Teil aufgrund der absolut desolaten Organisation im norwegischen Team verschenkte sie regelrecht eine Medaille im Verfolgungswettkampf. Als sie zum ersten Schießen eintraf, bemerkte sie, dass das Magazin leer ist. Da die Norweger kein Ersatzmagazin hatte, mussten ihr die Patronen einzeln gereicht werden. Dann passierten ihr beim letzten Schießen gleich vier Fehler. Dennoch lief sie als Dritte durchs Ziel. Es dauerte aber nicht lange, und sie wurde auf den zwölften Rang zurück versetzt. Ihr wurden zwei Minuten Strafzeit aufgebrummt, weil sie eine Strafrunde zu wenig gelaufen ist.

*

Die Amerikaner gehen nicht zu Fuß. Zumindest in Maine nicht.
Selbst die Bankgeschäfte erledigen sie vom Auto aus, und dass das
Essen auf den eigenen vier Rädern abgeholt werden kann ist
ohnehin allen bekannt. So sind am wettkampffreien Montag die
einzigen Leute, die zu Fuß unterwegs sind, die üblichen Russen,
Norweger, Litauer oder Südtiroler...

*

Der Norden Amerikas ist in vielerlei Hinsicht landschaftlich
ähnlich dem sibirischen Tiefland: Unendliche Weiten, leicht hü-
gelige Landschaft und Bäume so weit das Auge reicht. Da-
zwischen einzelne Häuser, die, wenn sie einmal in einer gewissen
Anzahl vorkommen, schon gleich als „Stadt“ bezeichnet werden.
Und hier wie dort sind die Menschen von einer natürlichen
Freundlichkeit, die ihresgleichen sucht.

*

In den Schulen von Presque Isle hat man Partnerschaften über-
nommen. Jeweils eine Gruppe Kinder unterstützt die eine oder
andere Nation. Die Kinder haben in den vergangenen Wochen
Informationen über „ihr Patenschaftsland“ eingeholt, haben Pla-
kate gestaltet, haben Fahnen vorbereitet. Bei den Wettkämpfen
verfolgen sie mit ununterbrochenem stimmungsvollen Getöse die
Lauf- und Schießleistungen ihrer neuen Benjamine. Es ist un-
glaublich zu sehen, wie junge Amerikaner begeistert die russische
Fahne schwenken. Nur ein kleiner dunkelhäutiger Bub mit der
ungarischen Fahne kann einem leid tun: Ungarn ist trotz An-
meldung in Presque Isle nicht erschienen.

*

Wir erhalten eine Einladung zu einer Medaillenfeier bei den
Ukrainern. Die stets lustige Olena Pidhrushna hat Bronze geholt,
das soll begossen werden. Der Wodka schmeckt exquisit, man lädt
uns auch zum gemeinsamen Essen ein, wo wir uns dann mit
Händen, Füßen und gelungenem Mienenspiel wunderbar ver-
ständigen. Und der Wodka vor dem Nach-Hause-Gehen ist dann
nochmals obligat.

*

Exoten sind bei jeder WM wie das Sahnehäubchen auf der Torte. In
Presque Isle waren es diesmal die Mannschaften aus Grönland und
Chile. Bei den Grönländern handelt es sich um einige Jugendliche,
die in den USA studieren und von einem hiesigen Trainer betreut
werden, der selbst Grönland gar nie gesehen hat. Die Nachfolger
der Biathlon-Pionierfamilie der Slettemarks boten noch akzep-
table Leistungen, die Chilenen mussten eigentlich erst am Tag des
Rennens alles neu lernen. Und die österreichstämmige Chilenin
Nicole Weisser brach sogar auf der Strecke zusammen und musste
ins Krankenhaus eingeliefert werden.

*

Extremen Erfolg hatten die Veranstalter in Maine mit ihrem
Aufruf nach freiwilligen Helfern. „Wir boten all denen, die min-
destens vier Tage lang mitgearbeitet hätten, eine Jacke als Dank
an. Wir wurden mit Meldungen überhäuft und hatten plötzlich 700
Helfer. Da musste man echt einfallsreich sein, um allen echt eine
Aufgabe geben zu können“, berichtet Melanie Stewart, die als
Event-Manager hinter den Kulissen die gute Seele dieser Ju-
nioren-WM war.

*

Amy ist eine der auffallendsten Erscheinungen in Presque Isle. Die
Mitarbeiterin eines Restaurantbetriebes ist im VIP-Raum an der
Biathlonanlage für die Verköstigung der Gäste zuständig. Mit
ihrer offenen und fröhlichen Art sorgt sie rund um die Uhr für
glückliche Gesichter und angenehme Stimmung. Jeden Besucher
spricht sie mit „My darling“ oder „You are so nice“ an, und wenn
sie Wein aufschenkt, sind ihre Mengen absolut üppig. Was wunder,
dass sich der VIP-Bereich auch lange nach Abschluss der Rennen
regen Besuchs erfreut.

*

Mit der Umschreibung der russischen Namen gibt es immer wieder
Schwierigkeiten. Die Übertragung der kyrillischen Buchstaben in
unsere Schrift wird oft von den Betreuern in unterschiedlichster
Form gehandhabt. So erklärt die Weißrussin Darya Damrachowa
(so liest man auf den Ergebnislisten), dass sie eigentlich Dom-
rachewa heißt, und die ukrainische Bronzemedaillengewinnerin
im Einzelwettkampf unterschreibt auch mit Pidgrushna...

*

Carolin Hennecke ist Linksschützin. Das heißt, sie dreht sich am
Schießstand gegen die Laufrichtung, um ihre Schüsse abzufeuern.
Dabei steht sie so, dass sie die nachfolgenden Biathletinnen
eintreffen sieht. Sie hat sich daran gewöhnt und kann damit leben.
Magdalena Neuner, die Verfolgungsweltmeisterin in Presque Isle,
gibt hingegen zu: „Wenn ich zum Schießstand komme und Carolin
vor mir steht und ich ihr ins Gesicht blicken muss, da überkommt
mich das Lachen, und ich setze keinen Treffer mehr“, sagt die
Top-Biathletin mit einem verschmitzten Lächeln.

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