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Bobsport Reto Götschi: Erinnerungen und Anregungen |
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29.01.2007 | ||
Reto Götschi: Erinnerungen und AnregungenAutor: Hans HugVor zehn Jahren, am 26. Januar 1997, war Reto Götschi in St.Moritz als letzter Schweizer Bob-Weltmeister geworden. Bis zum Rücktritt im Frühjahr 2002 scheffelte der am Weihnachtstag 41 Jahre alt gewordene Säuliämter 28 Medaillen an nationalen und internationalen Rennen. Der Olympia-Zweite von 1994 in Lillehammer im Zweierbob und elfmalige Schweizer Meister verfolgt den Bobsport im Allgemeinen und das aktuelle Geschehen in St. Moritz im Besonderen aufmerksam. Im Interview beantwortet der für die Schweizer Sporthilfe tätige Götschi Fragen zur bobsportlichen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. *** Hältst Du es für möglich, dass Du als "letzter Schweizer Bob-Weltmeister" in die Annalen eingehen wirst? Dass sich dereinst ein Nachfolger findet, ist sicher nicht auszuschliessen. Schon am Sonntag hat ja nicht viel dazu gefehlt. Ivo Rüegg war sehr nahe dran. Mit der Silbermedaille wird er sich aber nicht zufrieden geben. Eine weitere gute Chance, in meine Fussstapfen zu treten, hat er im Viererbob-Rennen. Falls ihm dies nicht gelingen sollte, dürfte bis zu meiner Ablösung noch eine Weile vergehen. Denn die Spitze unter den Schweizer Nachwuchsleuten ist dünn. Im Moment traue ich nur Beat Hefti und Gregor Baumann zu, in absehbarer Zeit für höhere Aufgaben gerüstet zu sein. Die athletischen Voraussetzungen dazu sind vorhanden. Gefragt ist nun gezielte Arbeit. Der SBSV sollte sich weniger verzetteln, das heisst nur noch wirklich förderungswürdige Leute unterstützen. Wenn die Betreuung der Athleten von der Klub- stärker auf die Verbandsebene verlagert und das in Angriff genommene Materialprojekt ohne Verzug durchgepaukt wird, sind Erfolge an den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver durchaus denkbar. Bei alledem bin ich mir bewusst, dass der SBSV auch die Vorgaben von Swiss Olympic, einem wichtigen Geldgeber, erfüllen muss. Wie sehr hat Dich an der Viererbob-WM 1997 die nachträgliche Disqualifikation getroffen? Im ersten Moment waren wir konsterniert (Ausschluss der zunächst auf den ersten drei Plätzen geführten Teams von Götschi, Christian Reich und Marcel Rohner wegen angeblich nicht reglementskonformer Achsen -- Red.). Mir selber fiel es etwas leichter, den Schock zu verwinden, weil ich eine Woche zuvor schon Weltmeister im Zweier geworden war. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich durch den landesweit Aufsehen erregenden Fall sogar an Popularität gewonnen habe. Ausserdem stelle ich mit Verwunderung fest, dass die FIBT Leute als Jury-Mitglieder nach St. Moritz delegierte, die uns damals vom Sockel geholt hatten. Was hat sich in den vergangenen 15 oder 20 Jahren im Bobsport verändert, aus Schweizer und aus internationaler Sicht? In der Schweiz vermisse ich jenes totale Engagement junger Fahrer, das uns damals auszeichnete. Wir waren mit Leib und Seele dabei, scheuten uns nicht, einen eigenen Trainer zu suchen oder eine Videokamera zu kaufen. In Sachen Eigeninitiative war Gustav Weder ein Vorreiter. Ihm hatte ich damals vieles abgeschaut, zum Beispiel die Erkenntnis, dass ein Bobteam als KMU geführt werden muss. Mein Budget belief sich zuletzt auf rund 400'000 Franken. Mit einem Etat in dieser Grössenordnung lässt sich auch heute noch erfolgreich wirtschaften. Dem Verband empfehle ich, seine Ressourcen zu bündeln, die aussichtsreichen Teams zu unterstützen und im Gegenzug seinen Einfluss geltend zu machen. Auf internationalem Parkett fehlen heutzutage Galionsfiguren à la Hoppe, Weder und Langen. Ich vermisse starke Persönlichkeiten, die nicht nur durch Leistung, sondern auch mit ihrem Auftreten als Vorbilder dienen können. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die FIBT zu viele Rennen in Übersee ansetzt. Den Europäern, die noch immer die grosse Mehrheit der Aktiven stellen, bringt dies wenig. Ihre Sponsoren sind an Veranstaltungen in Nordamerika in der Regel nicht interessiert. Umso schwerer wiegt auch die Verschiebung des Fernsehvertrags von einem frei empfangbaren zu einem Pay-TV-Sender. Als weiteren wunden Punkt betrachte ich die mangelnde Zusammenarbeit zwischen den europäischen Bahnen. Warum engagierst Du dich noch immer so stark für den Bobsport? Er hat mir viel genommen, aber auch viel gegeben. Ich denke da einerseits an den finanziellen und körperlichen Aufwand, anderseits an den Beitrag des Sports zur Persönlichkeitsbildung. Die Freude überwog aber fast immer. Der Sport ist mir ans Herz gewachsen. Darum wollte ich von dem, was ich gewonnen habe, etwas weitergeben. Das unterscheidet mich etwa von Gustav Weder, der heute mit Bob nichts mehr zu tun haben will. Dass ich noch recht häufig als Bobtaxi-Fahrer unterwegs bin, hängt mit meiner beruflichen Tätigkeit als Sporthilfe-Mitarbeiter zusammen. Obendrein kann ich mir damit ein Taschengeld verdienen. Kannst Du Dir vorstellen, Dich in irgend einer Form im SBSV zu engagieren? Vorstellen kann ich mir das schon, aber im Moment ist es wegen meiner beruflichen Verpflichtungen unwahrscheinlich. In letzter Zeit habe ich Anfragen aus Holland und Russland abgelehnt. Vor drei Jahren sprachen wir über die Nachfolge von Hans Hiltebrand als Coach. Das Ganze scheiterte an finanziellen und konzeptionellen Fragen. Ich wollte ein Funktionärsteam nach meinen Vorstellungen zusammenstellen, verlangte ein gewisses Mass an Entscheidungsgewalt und war bereit, dafür die Verantwortung zu übernehmen. Diese Bedingungen liessen sich offenbar nicht erfüllen. Im Grunde genommen finde ich es schade, dass der Verband nicht immer darum bemüht war, sich das Knowhow kompetenter Leute aus dem eigenen Land zu sichern. Ein Schritt in die richtige Richtung war die Einbindung von Chrigel Reich ins Materialprojekt. Neben ihm gibt es aber noch andere, die dem SBSV gut anstehen würden, Fredi Steinmann zum Beispiel. |
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29.01.2007 | ||
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