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Die Rückkehr des Silvan Zurbriggen nach Val Gardena
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21.12.2008

Die Rückkehr des Silvan Zurbriggen nach Val Gardena

Info: Event | Resultat | Rennbericht
Autor: Silvan Zurbriggen, Diana Fäh (Swiss-Ski)


Genau ein Jahr ist es her: 15. Dezember 2007, Weltcup-Abfahrt auf der Saslong in Val Gardena/Groeden. Unterwegs ist Silvan Zurbriggen. Schnell unterwegs. Dann kommen die Kamelbuckel, von denen Fachleute sagen, sie gehörten zu den Schlüsselstellen im alpinen Skiweltcup. Sprünge von 70 Metern Länge sind dabei keine Seltenheit. Silvan Zurbriggen gerät auf der zweiten der drei Bodenwellen in Rücklage, stürzt bei der Landung, bleibt verletzt liegen. Die Ärzte in Bozen diagnostizieren ihm einen Riss des hinteren wie des vorderen Kreuzbandes im linken Knie. Und das Ende der Karriere. Was sich glücklicherweise nicht bewahrheiten soll. Später stellt sich heraus, dass beiden Menisken, die Kniescheibensehne und der Schienbeinkopf ebenfalls verletzt sind. Was das bedeutet, ist Silvan schnell klar: Die Saison ist vorbei. Mindestens acht Monate Rennpause, und eine lange, schmerzvolle Rehabilitation liegen vor dem Unterwalliser.

Vor wenigen Wochen wagt Silvan in Levi beim Weltcup-Slalom sein Comeback – und fährt dank der schnellsten Zeit im 2. Lauf prompt auf Platz 4. Auch in Val d’Isère überzeugt der Walliser erneut: mit der Laufbestzeit im 2. Lauf der Super-Kombination und dem 5. Schlussrang.

Vergangenes Wochenende stand nun der Ort auf dem Wettkampfkalender, bei dem er sich seine komplizierte Knieverletzung zugezogen hatte: Val Gardena/Groeden und die 3446 Meter lange Abfahrtspiste „Saslong“ mit ihren vielen Sprüngen. Ein Jahr nach seinem schweren Sturz wagt sich Silvan erneut auf die Saslong und ihre Kamelbuckel. Wie er diese Rückkehr erlebt hat, schildert er hier:

Auszug aus dem Tagebuch von Silvan Zurbriggen:

Mittwoch, 17. Dezember 2008, erstes Abfahrtstraining auf der Saslong

Ein erster Sieg ist errungen! Ich habe die Kamelbuckel bewältigt! Das ist wie eine Erlösung. Vor diesem diesem erstenTraining habe ich fürchterlich gelitten. Es war brutal. Und vVor dem Start hatte ichsogar richtigen Bammel gehabt. Dazu kommt, dass ich in den letzten Nächten ganz schlecht geschlafen habe. Besonders in der vorletzten Nacht Da hat sich alles im Kopf gedreht Am Morgen bin ich deshalb um vier Uhr aufgestanden und habe mir Videos von den Kamelbuckeln angeschaut…


Samstag, 20. Dezember 2008, Weltcup-Abfahrt auf der Saslong

Diese Nacht habe ich sehr gut geschlafen, wenn auch nur kurz, da ich für meine Verhältnisse relativ spät zu Bett bin: ich musste unbedingt diesen spannenden Krimi noch zu Ende schauen! Um 7.15 Uhr klingelte der Wecker, viel zu früh, aber ich habe mich so sehr auf die Abfahrt gefreut, dass ich rasch hellwach war. Nebst der Freude verspürte ich an diesem Morgen jedoch noch etwas anderes: Zuversicht. Zuversicht, dass es heute gut laufen wird, dass ich die Kamelbuckel meistern werde und somit endlich die Lücke schliessen kann, die trotz einjähriger Rehabilitation und einem gelungenen Comeback in Levi immer noch besteht.

Den berühmt-berüchtigten Kamelbuckeln waren denn auch meine ersten Gedanken an diesem für mich so wichtigen Tag gewidmet: „In den Kamelbuckeln muss ich kompakt sein, und viel Tempo mitnehmen“, das habe ich mir beim Aufstehen als erstes gedacht.

Mein schlimmer Sturz auf den Kamelbuckeln ist nun ziemlich genau ein Jahr her. Ein langes, hartes und schweisstreibendes Jahr, während dem ich nur ein Ziel hatte: wieder nach Groeden und auf die Saslong zurückzukehren! Diese Rückkehr war mental ein überaus wichtiger Punkt für mich. Ich wusste immer, dass ich zur Verarbeitung meines Sturzes zurückkehren muss zum Ort des Geschehens, und diesen Sprung über die Kamelbuckel nochmals machen muss.

Nach dem Aufstehen verbrachte ich zunächst eine Viertelstunde auf dem Velo, zur Durchblutung des Knies. Danach Frühstück, Anziehen und um 8.30 Uhr weg vom Hotel, zum Einfahren auf der Piste „Campenoi“. Dann von 9.30 bis 11 Uhr die Besichtigung der Saslong, anschliessend nochmals ein Einfahren und schliesslich eine leichte Mahlzeit im Restaurant beim Starthaus. Um 13.20 Uhr ist das Warten für mich vorbei: 3,2,1, los!

Unmittelbar vor dem Start fühlte mich sehr gut, ruhig, zuversichtlich, und obwohl es windig war, gelang es mir, positiv zu denken, denn wer weiss, vielleicht habe ich ja Glück und der Wind bläst von hinten? Ich merkte nach dem Start schnell, dass dem nicht so war: spürbarer Gegenwind im oberen Teil! Trotzdem fühlte ich mich betreffend Position und Skis gut, auch auf den Kamelbuckeln, genau so, wie ich es mir in Gedanken x Mal ausgemalt hatte. Das gute Gefühl hielt an, auch im zweiten, eher technischen und somit anspruchsvolleren Streckenteil. Auch im Ziel fühlte ich mich immer noch gut – bis ich meine Zeit sah: 1:53:48, Platz 26. Riesenenttäuschung machte sich breit. Ich hatte eine viel bessere Zeit erwartet, zumal ich mir keines Fahrfehlers bewusst war!

Nebst der Enttäuschung über die schlechte Zeit bleibt jedoch auch Positives zurück: Da sind zum Beispiel die Kamelbuckel, die ich genau so souverän gemeistert habe, wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Zudem sind die beiden Trainingsfahrten am Mittwoch und Donnerstag optimal verlaufen. Ausserdem konnte ich erstmals in einer Abfahrt so richtig angriffig fahren – das hatte ich bei den Rennen in Nordamerika und Val d’Isère noch nicht geschafft. Ferner habe ich es trotz Wind und teilweise nicht idealen Sichtverhältnissen geschafft, mich positiv auf das Rennen einzustellen – das ist mir in dieser Saison bislang nicht immer gelungen. Und zu Guter letzt konnte ich mit meiner Rückkehr an den Ort meines Sturzes eine wichtige Lücke und somit „Frieden“ mit den Kamelbuckeln schliessen.

PS: Schlussendlich habe ich den 33. Schlussrang erreicht. Gewonnen wurde die Weltcup-Abfahrt der Herren in Val Gardena/Groeden vom Vorjahressieger, dem Österreicher Michael Walchhofer, vor dem Amerikaner Bode Miller und dem Kanadier Manuel Osborne-Paradis. Amba Hoffmann war bester Schweizer auf Rang 8. Meine Teamkollegen platzierten sich auf den Rängen 12 (Didier Cuche), 27 (Didier Défago) und 31 (Tobias Grünenfelder). (swiss-ski)

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