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Interview mit Ulrike Gräßler: "Alles andere ausgeblendet"
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01.05.2009

Interview mit Ulrike Gräßler: "Alles andere ausgeblendet"

Info: Weitere Sportlerinterviews
Autor: Johann Reinhardt


Einem Interview stand uns nach Saisonende die beste Deutsche Skispringerin, Ulrike Gräßler, aus Eilenburg zur Verfügung. Die Bundespolizistin errang die Silbermedaille bei der in diesem Jahr erstmals ausgetragenen Weltmeisterschaft. Auch im Gesamtweltcup zeigte sie durch Rand drei ihr Ausnahmekönnen. Die für den VSC Klingenthal startende 21-jährige spricht unter anderem über die WM, ihre weiteren Ziele und darüber, wie sie zum Skispringen kam.

Bei der WM belegten Sie Rang zwei. Was war ihr Eindruck von diesen Springen?

Natürlich bin ich sehr froh, dass ich bei diesen extrem schwierigen Bedingungen die Nerven behalten habe und ich im Wettkampf meine beiden besten Sprünge während der gesamten Woche abrufen konnte. Ich glaube auch, dass wir insgesamt gezeigt haben, dass die Aufnahme des Damenskispringens ins WM-Programm voll gerechtfertigt war. Bei normalen Bedingungen und etwas mehr Anlauf wäre mit Sicherheit auch in der Breite eine höhere Qualität vorhanden gewesen. Bei der Generalprobe im Sommer auf dieser Schanze musste man schon über die 100-Meter-Marke springen um zu gewinnen und auch die schwächeren Springerinnen sprangen reihenweise über 80 Meter.

Welches Gefühl hatten Sie, erstmals bei einer WM im TV zu sein?

Ich habe mich voll auf meine Sprünge konzentriert und während des Wettbewerbs alles andere ausgeblendet. Aber durch die TV-Übertragung konnten wir uns erstmals einem breiteren Publikum präsentieren. Ich hoffe nur, dass das Interesse der Medien bleibt und wir nicht erst in 2 Jahren in Oslo wieder interessant werden. Aber da bin ich eigentlich ganz optimistisch!

Welche Eindrücke sammelten Sie in Liberec?

Viel habe ich nicht mitbekommen, wir waren fast ausschließlich im Quartier oder an der Schanze. Die Eröffnungsfeier war sehr schön und auch die Siegerehrung am Abend auf dem Marktplatz war ein unvergessliches Erlebnis für mich.

Wie ging es für ihr Team nach der WM weiter?

Anna, Jenna und ich flogen zu den 4 letzten COCs nach Japan, dann war die Saison beendet. Danach begann nach einem kurzen Urlaub auch schon wieder die Vorbereitung auf die nächste Saison.

Das Damen-Skispringen kämpft darum Olympisch zu werden. Wann denken Sie, ist ein Start dort realistisch und was fehlt noch bis zu einer Aufnahme in die Winterspiele?

Für das nächste Jahr kann man wohl realistischerweise trotz einer Klage vor einem kanadischen Gericht nicht mehr mit einer Aufnahme ins Programm rechnen, aber man weiß ja nie. Aber ein Demonstrationswettbewerb könnte ein weiterer Schritt in Richtung Sotschi 2014 sein. Bis dahin sollten auch die letzten Kritiker verstummt sein. Eine Aufnahme ins olympische Programm würde auch die Anstrengungen in vielen nationalen Verbänden verstärken und eine größere Breite schaffen.


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Was sind ihre Ziele für die nächsten Jahre?

Das nächste große Ziel ist die WM 2011 in Oslo. Wenn ich sehe, welchen Stellenwert das Damenskispringen heute schon in Norwegen hat, wird dies mit Sicherheit ein Riesenevent! Und Olympia 2014 – das ist mein Traum!

Als Sie noch nicht bei einer WM dabei waren, was war dann für sie der Saisonhöhepunkt?

Die COC-Wettbewerbe als höchste Wettkampfserie der FIS. Hier wäre ja nun der nächste Schritt den Weltcup-Status für die Damen einzuführen. Damit wären wir dann von Seiten der FIS endgültig vollwertig anerkannt.

Was fehlt den Damen noch zu den Herren und wann, denken Sie, kann man genau so einen Stellenwert haben?

Der Vergleich mit den Herren ärgert mich immer etwas. In allen Sportarten, Sommer wie Winter, ist allgemein anerkannt und akzeptiert, dass die Männer nun mal stärker, schneller usw. sind, nur im Skispringen vergleichen viele die Weiten. Skispringen allgemein übt auf viele Menschen eine große Faszination aus, alles hängt meiner Meinung nach von der Präsens in den Medien ab. Weltcupwettbewerbe mit Übertragungen im TV würden viele junge Mädchen auf die Schanzen locken. Der Stellenwert des Damenskispringens würde sich auf jeden Fall sprunghaft erhöhen. Ob in meiner aktiven Zeit sich noch eine Entwicklung wie im Biathlon vollzieht, weiß ich zwar nicht, aber ich denke schon, mit der WM ist ein erster, großer Schritt gemacht worden.

Wie verläuft bei ihnen das Training im Sommer?

Mit Grundlagentraining, Maxkraft, Schnellkraft, Koordination, Technik und selbstverständlich Trainings- u. Wettkampfsprüngen.

Was sagen Sie dazu, dass es bei dieser WM auch sehr viele junge Starterinnen gab, welche auch schwer Stürzten?

Hier muss man differenzieren. Ausnahmetalente wie die Französin Colin Mattel sind nicht vergleichbar mit den tschechischen Mädels, mit denen deren Verband mangels Klasse sein Startkontingent aufgefüllt hat. Sie hatten noch gar nicht die Fähigkeit auf einer 90-Meter-Schanze zu springen. Glücklicherweise ist nichts Ernsthaftes passiert, aber für das Damenspringen war es keine positive Darstellung. Ich bin aber ganz sicher, solche Sachen werden aus mehreren Gründen nicht wieder passieren.

Wie sind Sie zum Skispringen gekommen?

Durch meinen Bruder Axel. Ich komme aus dem Flachland in der Nähe von Leipzig. Dort gibt es bei uns in Eilenburg eine 30-Meter-Schanze und einen sehr engagierten Verein unter Leitung von Trainer Bodo Dotzauer. Als ich mit meinen Eltern zu einem Wettkampf von meinem Bruder war, hat er mich Bodo gefragt, ob ich nicht auch Lust hätte – seit diesem Herbsttag 1994 bin ich Skispringerin!

LiVE-Wintersport bedankt sich für das Interview und wünscht viel Erfolg für den Sommer, die Saison 2008/2009 und die darauf folgende WM in Norwegen.


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Ulrike Gräßler (Foto: www.berkutschi.com)


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