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Rückblick: Eishockey-WM Teil II
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01.06.2009

Rückblick: Eishockey-WM Teil II

Info: Eishockey A-Weltmeisterschaft Herren in Bern/Kloten
Autor: Christoph Walter
Bericht: Rückblick: Eishockey-WM 2009


01.06.2009 - Nach dem WM-Debakel von Bern konnte Eishockey-Bundestrainer Uwe Krupp die Schwächen seiner Mannschaft schwarz auf weiß nachlesen, denn in fast allen Statistiken der Weltmeisterschaft in der Schweiz lag die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), die sportlich den vorletzten Platz belegte, ganz hinten. Live-Wintersport nimmt nochmal aus statistischer Sicht Rückblick auf die vergangene Weltmeisterschaft in der Schweiz.

Kanada Weltmeister des Powerplays


Ein Hauptgrund, warum das DEB-Team die Weltmeisterschaften auf dem vorletzten Platz der Abstiegsrunde beendet, war sicherlich das schwache Überzahlspiel, wie man auch anhand der Powerplay-Statistik sehen kann. In Überzahl brachten es die deutschen Stürmer um NHL-Star Jochen Hecht nur auf vier Tore bei 35 Gelegenheiten und eine Quote von 11,43 Prozent. Lediglich die Absteiger Österreich und Ungarn waren noch schlechter (je 10,00). Betrachtet man nur den Torabschluss, so war kein Team ungefährlicher als Krupps Mannschaft, da nur 3,33 Prozent der Schüsse den Weg von der Kelle der deutschen Spieler ins gegnerische Netz fanden. In Sachen Überzahlspiel können alle Nationalteams während der Vorbereitung auf Olympia 2010 in Vancouver die Videoanalysen des kanadischen Powerplays als Lehr- und Musterbeispiel heranziehen, denn Shea Weber, Dany Heatley, Martin St. Louis, Steve Stamkos und Co. ließen sich kaum eine nummerische Überlegenheit entgehen, wie man anhand der sagenhaften Powerplay-Torquote von mehr als 41% unschwer erkennen kann. Doch die Russen wussten um die Stärke der Kanadier, sodass sie im Finale darauf aus waren, möglichst von der Strafbank fern zu bleiben. Dies gelang der Sbornaja auch weitestgehend, da sie den Kanadiern nur zwei Überzahlmöglichkeiten boten und während der Unterzahl den spielstarken Nordamerikanern kaum Raum zum Kombinieren ließen. Des Weiteren war der amtierende Weltmeister die treffsicherste Mannschaft, sodass sie im Endeffekt verdient den WM-Titel verteidigen konnten.

Powerplay-Statistik

Nation  Spiele  Überzahlspiele  PP-Tore  PP-Erfolgsquote

1 CAN     9         46            19        41.30 % 
2 RUS     9         46            13        28.26 %
3 FIN     7         45            12        26.67 % 
4 NOR     6         28             7        25.00 %
5 SWE     9         50            12        24.00 %


Dass es den Kanadiern ein wenig an Schussgenauigkeit fehlte, wurde eigentlich nur im Finale deutlich, als sie es stets probierten, aber kein Mittel fanden den russischen Goalie Bryzgalov zu überwinden. Die Dänen konnten dagegen vor allem in der Abstiegsrunde von ihrer vergleichsweise guten Treffsicherheit profitieren, da sich ihnen im Spiel gegen Deutschland wenig Chancen boten, sie aber dennoch als Sieger vom Eis gingen. Wobei auch erwähnt werden muss, dass dieser Sieg der Dänen auch der erschreckend schwachen Chancenverwertung des DEB-Teams zu verdanken war.

Schuss-Effizienz
Nation  Spiele  Tore  Schüsse  Torquote

1 RUS    9       41     273     15.02
2 SWE    9       38     278     13.67
3 CAN    9       43     335     12.84
4 USA    9       32     306     10.46
5 DEN    6       18     175     10.29




Martin St. Louis wird Nachfolger von Dany Heatley

Die Scorerwertung gewann wie zu erwarten war ein kanadischer Stürmer, aber dass es am Ende Martin St.Louis sein würde, war vor Beginn des WM-Turniers auch von Experten nicht in Betracht gezogen worden. Viele dachten an eine Wiederholung der WM 2008, als der Spieler der Ottawa Senators, Dany Heatley, souverän zum besten Scorer gekürt wurde. Mit insgesamt 15 Scorerpunkten konnte sich Martin St. Louis am Ende knapp gegen den besten Spieler der WM, den Russen Ilya Kovalchuk, mit einem Punkt Vorsprung durchsetzen. Damit steigt er in einen exklusiven Kreis von Hockey-Cracks auf. Gemeinsam mit Wayne Gretzky, Peter Forsberg, Joe Thornton und Sidney Crosby ist er nun einer von nur fünf Spielern, die sowohl an einer WM als auch in der NHL die Scorerwertung für sich entscheiden konnten. In der NHL schaffte dies der Tampa-Bay-Star 2004. Aber nicht nur seine oftmals unterschätzten Qualitäten vor dem gegnerischen Tor zeichnen ihn aus. Denn auf und neben dem Eis ist der wirblige Flügel für sein faires Verhalten gegenüber Mitspielern und Fans beliebt. Dieses Jahr ist St. Louis schon zum vierten Mal unter den drei Nominierten für die Lady Byng Memorial Trophy. Diese Auszeichnung erhält jährlich ein NHL-Spieler für vorbildliches Benehmen, verbunden mit toller sportlicher Leistung.

Scorerliste:
Platz Spieler Land Punkte
1. Marty St. Louis (Kanada) 15 (4 Tore/11 Assists)
2. Ilja Kowaltschuk (Russland) 14 (5/9)
3. Mattias Weinhandl (Schweden) 12 (5/7)
4. Shea Weber (Kanada) 12 (4/8)
5. Steve Stamkos (Kanada) 11 (7/4)
5. Jason Spezza (Kanada) 11 (7/4)
7. Niko Kapanen (Finnland) 10 (7/3)
8. Dany Heatley (Kanada) 10 (6/4)
9. Petr Cajanek (Tschechien) 10 (5/5)
10. Alexander Radulow (Russland) 10 (4/6)
11. Linus Omark (Schweden) 10 (2/8)
12. Tony Martensson (Schweden) 10 (1/9)

Mason und Mezin: Die Torhüter des Turniers

Bei den Torhütern wusste vor allem der NHL-Torhüter der St. Louis Blues Chris Mason zu überzeugen, obwohl er aufgrund der hervorragenden Defensivarbeit seiner Vorderleute nur selten gefordert wurde. Da sein fast 40-jähriger Konkurrent, der Goalie der Edmonton Oilers, Dwayne Roloson bei seinen Einsätzen im kanadischen Tor deutlich mehr Unsicherheiten zeigte, verwunderte es etwas, dass er im Finale den Vorzug vor Chris Mason erhielt. Aber zum Torhüter des Turniers wurde ein anderer gewählt, nämlich der Weißrusse Andrej Mezin, der über das gesamte Turnier ein starker Rückhalt für die Osteuropäer war und im Viertelfinale gegen Kovalchuk und Co. sensationell hielt und seinem Team somit beinahe den Einzug ins Halbfinale beschert hätte. Der Weltmeister Russland verzweifelte trotz zahlreicher Chancen an einem fast unbezwingbaren weißrussischen Torhüter Mezin, und konnte erst in der Schlussphase das Spiel drehen und somit knapp dem vorzeitigen Ausscheiden entgehen. Seinen bisher größten Erfolg konnte der ehemalige Goalie der Nürnberg Ice Tigers und Berlin Capitals jedoch auf Vereinsebene verbuchen, als er in der letzten Saison mit dem russischen Topclub HK Metallurg Magnitogorsk die Champions League gewinnen konnte.

Torhüter-Statistik
Spieler              Nation          Eiszeit     % gehalten Schüsse
1. Chris Mason       (Kanada)        240 min          96,49%
2. Andrej Mezin      (Weißrussland)  314 min          94,77%
3. Dwayne Roloson    (Kanada)        304 min          93,04%
4. Ilja Bryzgalov    (Russland)      404 min          92,93%
5. Edgars Masalskis  (Lettland)      426 min          92,83%


Plus/Minus-Statistik:

Plus/Minus ist eine Statistik beim Eishockey, die für einen Feldspieler die Differenz von Toren und Gegentoren angibt, die gefallen sind, während er auf dem Eis war. Der Plus/Minus-Wert eines Feldspielers erhöht sich jedes Mal um eins, wenn ein Tor für seine Mannschaft fällt und er gerade auf dem Eis ist und verringert sich jedes Mal um eins, wenn ein Tor für die gegnerische Mannschaft fällt, während er auf dem Eis ist. Dieses gilt allerdings nur, wenn jene Mannschaft, welche das Tor erzielt, nicht in Überzahl spielt. Der Schwede Kenny Jönsson, der auch bei den Olympischen Spielen 2006 In Turin maßgeblichen Anteil an der Goldmedaille der Schweden hatte und daher folgerichtig zum besten Verteidiger des Turniers gekürt wurde, konnte auch bei der WM in der Schweiz durch seine überragende Plus/Minus-Statistik seine Unverzichtbarkeit für die Tre Kronors unter Beweis stellen. Der frühere NHL-Star der Toronto Maple Leafs und New York Islanders ist ein Exote unter den Weltklasse-Teams, spielte er doch seit fünf Jahren, seit dem NHL-Lockout, bloß in der zweithöchsten Liga Schwedens. Mit dem Rögle BK, dem Team aus seiner Heimatstadt Ängelholm im Süden Schwedens, gelang dem stämmigen Verteidiger erst vor dieser Saison der Aufstieg. Doch trotz Jönssons Meisterschaftsbetriebs auf tieferem Niveau setzt Gustafsson seit seinem Amtsantritt auf den 32-Jährigen, ließ ihn an fünf Weltmeisterschaften und beim Olympia-Sieg in Turin an vorderster Front ran und macht ihn so zu einem Sonderfall im Tre-Kronor-Team. Aber der Teamleader zahlte das in ihn gesetzte Vertrauen, wie auch wieder bei dieser Weltmeisterschaft, mit überragenden Leistungen zurück.

Spieler             Nation     Plus/Minus (Plus gesamt/Minus gesamt)

1. Kenny Jönsson     (Schweden)      +13 (+13/-0)
2. Steve Stamkos    (Kanada)        + 9 (+ 9/-0)
3. Ilya Kowaltschuk (Russland)      + 8 (+14/-6)
4. Martin St. Louis (Kanada)        + 8 (+ 9/-1)
5. Miroslav Blatak  (Tschechien)    + 8 (+ 8/-0)


Die bösen Buben

Auch ohne die Statistik über die Strafzeiten, dürfte allen Schweizer Eishockeyfans klar sein, dass der US-Amerikaner David Backes das Raubein dieser WM war. Mit einem brutalen Check in die Bande beförderte der Amerikaner den Schweizer Julien Sprunger ins Krankenhaus. Dabei krachte Sprunger kopfüber in die Bande und musste mit einer Bahre vom Eis getragen werden. Daneben plagten ihn Lähmungserscheinungen, sowie starke Schmerzen im Wirbelbereich. Im Berner Inselspital mussten dann die Halswirbel auch operativ verstärkt werden. Unmut zog sich der überhart einsteigende Backes vor allem durch seine anschließende Aussage zu. «Ich habe nur meinen Job gemacht und hart gespielt. In der NHL wäre das höchstens mit zwei Minuten bestraft worden», sagte Backes.

Spieler              Nation           Strafzeitminuten

1. David Backes        (USA)                    33
2. Benoit Quessandier  (Frankreich)             31
3. Janos Vas           (Ungarn)                 29
3. Witali Wischnewski  (Russland)               29
5. Scottie Upshall     (Kanada)                 27
4. Martins Karsums     (Lettland)               27


Deutschland im Powerplay-Killing ein Spitzenteam

Abschließend gibt es jedoch noch eine Statistik, die der deutsche Bundestrainer Uwe Krupp, falls er zu Olympia 2010 noch im Amt sein sollte, zur Motivation seines Teams heranziehen könnte. Denn in Unterzahl war Krupps Team sogar besser als Weltmeister Russland. 32-mal hatte die DEB-Auswahl mindestens einen Spieler weniger auf dem Eis, kassierte aber nur vier Gegentore. Mit der Erfolgsquote (=Powerplay-Killing-Quote) von 87,50 Prozent lag die deutsche Mannschaft als Dritte nur hinter Österreich (91,67) und Vizeweltmeister Kanada (89,36), aber vor Russland (86,49).

Nation  Spiele  Unterzahlsituationen  Unterzahlgegentore  Powerplay-Killing-Quote 
1 AUT     6         36                      3              91.67 
2 CAN     9         47                      5              89.36 
3 GER     6         32                      4              87.50 
4 RUS     9         37                      5              86.49 
5 BLR     7         29                      4              86.21 



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